01.12.2021

Ziffzer: „Vorsicht ist das oberste Gebot“

Ziffzer: „Vorsicht ist das oberste Gebot“

Seit Februar 2018 ist Youri Ziffzer Teamleiter der Adler Mannheim. Mit Beginn der Pandemie übernahm der ehemalige Torhüter, der während seiner aktiven Zeit sechs Meisterschaften gewann, auch die Rolle des Hygienebeauftragten. Im Interview spricht der 35-Jährige über die Corona-Welle im Team der Adler, seine Aufgaben nach einem positiven Testergebnis sowie das „Return to play“-Protokoll.

Youri, stressige und ereignisreiche Tage liegen hinter dir und den Adlern. Hat deine Telefonleitung inzwischen aufgehört zu glühen?

Das Telefon steht nicht wirklich still, denn auch im Nachgang zu Corona-Fällen gibt es einige Punkte mit dem Gesundheitsamt zu klären, sowohl was die Mannschaft betrifft als auch die einzelnen Spieler. Daneben stehen wir mit dem Olympiastützpunkt in Kontakt, um die Wiedereingliederung der Genesen abzusprechen.

Mitte November wurden sieben Spieler und Cheftrainer Pavel Gross positiv auf das Coronavirus getestet. War es aufgrund der steigenden Infektionszahlen in Deutschland nur eine Frage der Zeit, bis uns die Corona-Welle erwischt?

Ich denke, ja. Wenn wir auf die vergangene Saison zurückschauen, wie phänomenal wir ohne eine Infektion durchgekommen sind, muss man sagen, dass das Hygienekonzept gegriffen hat und sich die Jungs penibel an die Vorgaben und Empfehlungen gehalten haben. Der Lockdown zu dieser Zeit hat aber sicher ebenfalls geholfen, das Virus aus der Kabine fernzuhalten. Jetzt ist das Leben wieder offener, man darf sich wieder treffen, Geschäfte und Einrichtungen haben bis zuletzt geöffnet. Die Spieler und Mitarbeiter haben Familien, wollen auch am Leben teilnehmen. Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis es die ersten trifft. Infektionen innerhalb der Mannschaft passieren dann schnell. Hier keine Kette aufkommen zu lassen, ist schwierig, obwohl wir im Fall von Matthias Plachta sehr schnell reagiert haben. Zudem ist auch gar nicht klar, ob sich die anderen Jungs bei Matthias angesteckt haben oder an anderer Stelle. Dieses Thema wird uns leider weiter begleiten. Daher gilt es, einen Weg zu finden, mit dem Ganzen umzugehen. Sportlich mag das nicht immer unseren Vorstellungen entsprechen, aber wir wussten, dass so etwas passieren kann, und wir haben im Vorfeld klargemacht, dass wir flexibel reagieren müssen und werden, wenn es erforderlich ist.

Einige Medien haben nach dem Corona-Ausbruch das Hygienekonzept der Adler in Frage gestellt. Sind die vielen positiven Fälle Team der Adler auf die Nichtbefolgung des Hygienekonzepts zurückzuführen?

Um eine solche Behauptung aufstellen zu können, muss man sicher wissen, dass das Hygienekonzept nicht eingehalten wurde. Das halte ich von außen für nur schwer zu beurteilen. Die Jungs halten sich seit Tag eins tadellos an die Vorgaben, die sicher nicht immer schön sind. Unsere Maßnahmen und Abläufe wurden in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt aufgestellt. Aufgrund von Erfahrungen aus der Praxis wurde und wird das Konzept immer weiter verfeinert. Ich sehe keinen Ansatz dafür, dass unser Konzept nicht ausreichend sein soll. Darüber hinaus haben auch alle Spieler und der Staff ein Eigeninteresse daran, nicht an Corona zu erkranken und andere anzustecken. Jeder hat eine Verantwortung den Mitspielern und Mitmenschen gegenüber.

Schildere uns doch mal den Ablauf nach einem positiven Testergebnis? Was sind in solch einem Fall deine Aufgaben als Hygienebeauftragter der Adler?

Wenn ich ein positives Ergebnis aus unserem Labor bekomme, informiere ich zunächst den oder die betroffenen Spieler, organisiere gegebenenfalls weitere PCR-Tests für Familienmitglieder. Im Anschluss wird die gesamte Mannschaft in Kenntnis gesetzt. Danach bespreche ich mit dem Gesundheitsamt den aktuellen Status und die weitere individuelle Vorgehensweise. Aufgrund unserer regelmäßigen Tests musste jüngst nicht das ganze Team in Quarantäne, da wir bei jedem einzelnen Spieler und Mitarbeiter einen genauen Verlauf der Werte sehen können und zudem weitere Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Trennscheiben nutzen. Natürlich hilft in diesem Zusammenhang auch die Impfung, hinter der wir als Adler Mannheim stehen. Wir haben eine Impfquote von rund 90 Prozent im Team. Auch damit zeigen wir uns solidarisch mit unseren Mitmenschen. Natürlich akzeptieren wir auch, wenn sich jemand nicht impfen lassen möchte.

Die Gesundheit der Menschen genießt allerhöchste Priorität. Spieler, die positiv getestet wurden und Symptome hatten, müssen vor dem Wiedereinstieg in den Trainingsbetrieb das „Return to play“-Protokoll durchlaufen. Was genau bedeutet das?

Am Ende handelt es sich um eine Wiederheranführung an eine 100-prozentige körperliche Auslastung. Während der Quarantänezeit gilt ein Sportverbot, es fehlt zudem schlicht an Erfahrung im Umgang mit einer Corona-Erkrankung und deren Folgen. Mit der Erkrankung fährt der Körper von einem auf den anderen Tag runter. Um das Risiko von Spätfolgen so gering wie möglich zu halten, steht nach der Genesung eine siebentägige Belastungstestung mit steigender Intensität an. Gibt es keine Rückschläge, erfolgt die Freigabe für das Mannschaftstraining. Ab wann es sportlich Sinn macht, den Spieler wieder im Spielbetrieb einzusetzen, entscheiden die Trainer mit den Ärzten. Treten dagegen Symptome während der sieben Tage auf, muss kontrolliert werden, wo die Ursachen liegen und welche weiteren Schritte erforderlich sind. Wegen einer verfrühten Rückkehr von zwei oder drei Partien lohnt es sich nicht, eine Karriere, eine Existenz oder gar ein Leben aufs Spiel zu setzen. Vorsicht ist das oberste Gebot, so gerne wir spielen und gewinnen wollen.

Quarantänezeiten sind nach einem positiven Testergebnis sehr unterschiedlich. Kannst du erläutern, woran das liegt?

Soweit ich das beurteilen kann, liegen die Unterschiede unter anderem im Impfstatus begründet. So können sich vollimmunisierte Personen bei völliger Symptomfreiheit nach fünf Tagen mit einem negativen PCR-Test aus der Quarantäne freitesten, während für Ungeimpfte ohne Ausnahme eine 14-tägige Quarantänepflicht besteht. Bei Symptomen muss man aber auch bei geimpften Personen individuell schauen, wie sich der Krankheitsverlauf entwickelt und ab wann ein PCR-Test wieder negativ ausfällt. Rückschlüsse auf den Impfstatus lassen sich demnach nicht automatisch anhand der Quarantänezeit ziehen.