Saison 2019/20

Coronavirus verhindert Titelverteidigung

2019/20

Wir lehnen uns wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn wir behaupten, dass niemand, wirklich niemand, auch nur annähernd geahnt hat, wie die DEL-Saison 2019/20 zu Ende gehen wird. Denn im Februar 2020 drängte sich ein Virus in den Vordergrund, das in der Folge die ganze Welt für Monate in Atem halten sollte – ein Virus namens Corona.

Aber der Reihe nach. Das Ziel war klar: Nach der Meisterschaft 2019 sollte der Titel verteidigt werden. Am Kader gab es relativ wenige Änderungen, manche Personalien waren aber durchaus von besonderem Gewicht oder mit Tücken versehen. Die vielleicht schwerste Entscheidung trafen die Club-Verantwortlichen dabei im Juli: Marcus Kink, seines Zeichens dienstältester Adler und langjähriger Kapitän, sollte in den weiteren Planungen keine Rolle mehr spielen. „Diese Entscheidung ist uns alles andere als leichtgefallen. Marcus trägt die Adler tief in seinem Herzen und wir ihn in unseren. Er gehört definitiv zu den verdientesten Spielern der Clubgeschichte und hat in all den Jahren stets im Sinne der Adler gehandelt. Dafür gebührt ihm unser größter Respekt. Letzten Endes sind wir jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass Marcus nicht mehr ins sportliche Konzept der Adler passt. Wir haben uns im vergangenen Jahr einer Neuausrichtung verschrieben und werden diesen Weg mit aller Konsequenz weitergehen, auch wenn das zur Folge hat, unpopuläre Entscheidungen treffen zu müssen“, begründete Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp den schweren Schritt.

Marcus Kink: Der Abschied einer Identifikationsfigur

Am 05. Oktober 2004 streifte Kink sich erstmals ein Adler-Trikot über, keine zwei Wochen später durfte er seinen ersten Treffer für die Blau-Weiß-Roten bejubeln. Insgesamt 15 Jahre verteidigte er die Farben der Adler, war auf und neben dem Eis ein echtes Vorbild. 98 Tore für Mannheim, 174 Vorlagen für Mannheim, 812 Spiele für Mannheim – das sind zweifelsfrei beeindruckende Statistiken. Was diese Zahlen nicht auszudrücken vermögen, ist der Stellenwert, den Kink innerhalb der Mannschaft und der Organisation genoss. Als 19-Jähriger von Köln nach Mannheim gewechselt, entwickelte sich der harte Arbeiter durch unbändigen Willen und unnachahmlichen Einsatz nach und nach zu einem Führungsspieler und zu einer Identifikationsfigur für den Club. Der deutsche Nationalspieler und Silbermedaillengewinner von 2018 nahm sich Jahr für Jahr den Neuzugängen an, hatte aber auch stets ein offenes Ohr für alle Mannschaftskollegen, Mitarbeiter und Fans. 2007, 2015 und 2019 feierte der Angreifer die Meisterschaft mit Mannheim, 2007 gewann er auch den deutschen Eishockeypokal. ZurSaison 2019/20 fand dieses Zusammenspiel sein Ende.

Neben Kink verließen noch acht weitere Spieler der Meistermannschaft die Adler. Komplettiert wurde der Kader für die Saison 2019/20 unter anderem durch den schwedischen Torhüter Johan Gustafsson, während Chad Billins und Björn Krupp die Abwehr verstärkten und Jan-Mikael Järvinen für mehr Tempo und Kreativität im Angriffsspiel verpflichtet wurde. Der erst 17-jährige Tim Stützle, der zu den größten deutschen Talenten zählt, wurde aus dem eigenen Nachwuchs in den Profi-Kader hochgezogen. Mit Borna Rendulic ging Manager Jan-Axel Alavaara abschließend noch ein dicker Fisch ins Netz. Der kroatische Angreifer wechselte aus der russischen KHL zu den Adlern und sollte seinen ausgeprägten Torriecher auch in der Quadratestadt unter Beweis stellen. Zur Hängepartie entwickelten sich dagegen die Personalien von Lean Bergmann und Moritz Seider. Bergmann, der bereits während der Vorsaison bei den Adlern einen Vertrag unterschrieb, wurde von der NHL-Franchise aus San José mit einem Entry-Level-Vertrag ausgestattet, wodurch fortan die Sharks die Rechte am deutschen Stürmer besaßen. Erst gegen Ende des Jahres stand fest, dass Bergmann die komplette Spielzeit in Übersee bleiben und den Adlern damit nicht zur Verfügung stehen wird. Bei Youngster Seider, der im Sommer von den Detroit Red Wings sensationell an sechster Stelle gedraftet wurde, war zumindest schon rund um den Saisonstart absehbar, dass der Verteidiger erst einmal nicht weiter das Adler-Trikot tragen wird. „Wir hatten mit Moritz und Lean zwei sehr gute Spieler in unserem Kader, die schließlich NHL-Verträge unterzeichnet haben. Wir freuen uns für die Jungs, dass sie sich mit den besten Spielern der Welt messen können, und wenn sie den Schritt nach Nordamerika schaffen, gehören sie dort zurecht hin. An uns ist es dann, neue Spieler zu entwickeln“, erklärte Alavaara.

Wackelstart trotz gefestigter Strukturen

Nachdem das neue Trainerteam um Chefcoach Pavel Gross zur Vorsaison viele einschneidende Änderungen mitbrachten, waren die Routinen und Methoden in der Vorbereitung auf die Spielzeit 2019/20 um einiges vertrauter. Dennoch verlief der Start etwas schleppend. Aus den ersten acht Partien wurden 16 von möglichen 24 Punkten geholt. Die Defensive stand nicht immer sattelfest. Entsprechend nutzte das Trainerteam die Deutschland-Cup-Pause Anfang November, um kleinere Änderungen am System vorzunehmen. Mit Erfolg. Konsequent und deutlich aktiver gingen die Cracks in der eigenen Zone zu Werke. Auch die Unterzahlformationen standen sicherer. Aus dieser gefestigten Abwehr kreierten die Adler in der Offensive zahlreiche Chancen, beschäftigten ihre Gegner häufig in deren Zone und überzeugten zuletzt auch mit einer gewissen Kaltschnäuzigkeit. Die Mannschaft bestach durch solide, konzentrierte und konstante Auftritte.

Zwar konnten all diese positiven Aspekte das knappe Ausscheiden im Champions-Hockey-League-Achtelfinale, für das sich die Adler zuvor als Gruppensieger qualifiziert hatten, gegen Hradec Králové Mitte November nicht verhindern, doch bereits in den beiden Duellen mit dem tschechischen Vertreter war die ansteigende Formkurve zu erkennen. Gleichzeitig lag der Fokus bei Spielern und Trainern fortan ausschließlich auf dem nationalen Spielbetrieb. Und dort verlangte die Mission Titelverteidigung dem amtierenden Meister alles ab. München hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Mustersaison der Adler aus dem letzten Jahr noch zu toppen. Daneben übernahm Straubing die Rolle der positiven Überraschungsmannschaft und auch die Eisbären Berlin agierten deutlich erfolgreicher als noch im Jahr zuvor. Mit Köln, Nürnberg und Ingolstadt fanden sich weitere Topteams in der oberen Tabellenhälfte.

Zehnerpack

Für Spannung und oftmals heiß umkämpfte Spiele war gesorgt. Umso wichtiger war es, dass sich die Adler bereits frühzeitig für die Playoffs qualifizieren und sich auch recht schnell das Heimreicht im Viertelfinale sichern konnten. Das Minimalziel war erreicht werden. Unsere Jungs marschierten in diesem Jahr sicher nicht so souverän durch die 52 Punktespiel wie im vergangenen Jahr. Allerdings war die Saison 2018/19 auch eine Spielzeit nahe der Perfektion, was sich schlicht nicht so einfach kopieren lässt. Dennoch kann man auch dieses Mal zweifellos von einer gelungenen Hauptrunde sprechen.

Eine zwischenzeitliche Siegesserie von zehn Partien, mit Borna Rendulic einen der torgefährlichsten Stürmer der gesamten Liga im Kader, im Januar eine aberwitzige Unterzahlquote von fast 96 Prozent. Dazu gesellte sich wie schon im Meisterjahr eine attraktive, schnelle und offensive Spielweise. Manch Spielzug wird dem Gegner noch immer in Erinnerung sein. Auch von kleineren Rückschlägen, die angesichts der Punkterunden-Zeitspanne von rund sechs Monaten durchaus verständlich sind, ließen sich Trainer, Verantwortliche und Spieler nicht beirren.

Keine Playoffs, kein Meister

Am Ende schlossen die Adler die Hauptrunde hinter München auf dem zweiten Platz ab, mit Spannung wollte man die erste Playoff-Runde verfolgen, in der der Viertelfinalgegner ermittelt worden wäre. Doch es kam anders. Das Coronavirus trat auf den Schirm und schon am 10. März, also gerade einmal zwei Tage nach dem Ende der Hauptrunde, beschlossen die Liga-Verantwortlichen, die Playoffs abzusagen. Eine harte, eine schwere Entscheidung, die aber absolut alternativlos war. „Das, was gerade in der Welt passiert, steht über dem Sport, die Gesundheit der Menschen hat höchste Priorität“, stellte Hopp unmissverständlich klar. Unter dieser Maxime verabschiedete sich die Liga in die längste Sommerpause, denn selbst im Juli war noch nicht sicher abzusehen, wann und wie die Saison 2020/21 starten sollte.

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