22.06.2018

Seider: „Man muss verrückt sein nach dem Sport“

Seider: „Man muss verrückt sein nach dem Sport“

Moritz Seider gehört zu den größten Talenten seines Jahrgangs. Vor einigen Wochen unterzeichnete der erst 17-jährige Verteidiger seinen ersten Profivertrag bei den Adlern. Im Interview spricht Seider unter anderem über die Ereignisse der vergangenen Wochen, sein DEL-Debüt und über seine Pläne für die Zukunft.

Moritz, du hast vor einigen Wochen deinen ersten Profivertrag unterschrieben. Wie viele Glückwünsche haben dich seitdem erreicht?

Etliche. Als meine Vertragsunterzeichnung veröffentlicht wurde, stand mein Telefon nicht mehr still. Alle haben sich mit mir mitgefreut, mir auch Mut zugesprochen für die kommenden Jahre. Das war ein schönes Gefühl.

Ab welchem Zeitpunkt war für dich klar, dass du mit Eishockeyspielen dein Geld verdienen möchtest?

Ich habe das noch gar nicht richtig realisiert, weil alles so schnell ging. Vor drei Jahren bin ich nach Mannheim gekommen mit dem Ziel, die U 16 durchzulaufen und irgendwann für das DNL-Team zu spielen. Wenn dir aber der Sprung in die U 19 deutlich früher gelingt und dir mit 17 Jahren der erste Profivertrag angeboten wird, dann wird dir das erste Mal bewusst, dass du Potential hast. Außerdem hatte ich noch die Option, nach Nordamerika zu gehen und dort mein Glück zu versuchen. Ich bin aber unheimlich stolz, dass mir ein Club wie die Adler die Tür öffnet. Diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen, und ab diesem Zeitpunkt war mir auch klar, dass ich irgendetwas richtiggemacht haben muss. 

Du warst 16 Jahre und sechs Monate jung, als du in der zurückliegenden Saison in der DEL debütiert hast. Kannst du uns kurz schildern, was damals in dir vorging?

Das war alles ziemlich chaotisch, würde ich behaupten. Sean meinte, er brauche noch Spieler für das Pre-Game-Skate. ‚Kein Problem‘, dachte ich mir. Aber nach dem Anschwitzen meinte er dann, wir sollen uns bereithalten, heute könne es soweit sein. Ab diesem Moment ging mir gewaltig die Pumpe. Das Gute war, dass ich keine Zeit hatte, mir allzu viele Gedanken zu machen. Aber als dann das Rolltor aufging, hatte ich am ganzen Körper Gänsehaut. Die bekomme ich heute noch, wenn ich an diesem Moment zurückdenke. Es darf gerne so weitergehen.  

Blicken wir noch weiter zurück. Was waren deiner Meinung nach die Gründe dafür, dass du es bis hierhin geschafft hast?

Man muss einfach härter arbeiten als alle anderen und ich denke, dass das bei mir zutrifft. Während viele meiner Teamkollegen nach drei, vier Stunden wieder heimgefahren sind, habe ich Extraschichten geschoben. Man muss aber auch verrückt sein nach dem Sport. Ich habe mir daheim viele Videos meiner Vorbilder angeschaut und darauf geachtet, was sie von anderen Spielern unterscheidet, was sie besser machen. Ich bin der Meinung, dass man sich auch abseits des Eises mit seinem Sport beschäftigen muss. Ich bin aber auch sehr ehrgeizig, gebe niemals auf. Wenn einer schneller ist, dann spornt mich das an. Als Leistungssportler will man doch immer an der Spitze sein. Und das nicht gelingt, muss man noch härter trainieren. So ist das doch auch, wenn man bei den Profis mitspielen will. Umso härter man trainiert, umso größer ist die Chance, an ihnen vorbeizukommen.

Du hast eben deine Vorbilder angesprochen. Zu wem blickt Moritz Seider auf?

Zum einen auf die Verteidiger-Legende Scott Niedermayer, der viele Jahre bei den New Jersey Devils gespielt hat. Mit seinem fantastischen Laufstil und Spielverständnis hat er das Spiel geprägt. Zum anderen schaue ich auch auf die neue Generation wie beispielsweise Zach Werenski von den Columbus Blue Jackets. Er ist als Verteidiger unglaublich offensivstark, und das gefällt mir sehr gut. Ich bin auch häufig in der Offensive zu sehen. (lacht)

Dir wird eine große Karriere vorausgesagt. Wie gehst du damit um? Sind diese Prophezeiungen eher Ansporn oder Druck?

Eher Ansporn und Motivation. Man muss es aber auch realistisch sehen, bis dahin ist es noch ein langer Weg, und wenn es nicht klappen sollte, darf man nicht verzweifeln.   

Was zeichnet dich als Verteidiger aus? Wo liegen deine Stärken?

Ich würde behaupten, dass ich ein gutes Spielverständnis habe. Ich spiele einen guten ersten Pass, schalte mich in die Offensive ein und sehe die freien Räume, wo meine Mitspieler hinlaufen können. Das Spiel mit der Scheibe und das Spiel in der Offensive sind charakteristisch für meine Spielweise.

Du bereitest du dich derzeit mit deinen Teamkollegen auf die neue Saison vor. Hand aufs Herz, wie anstrengend ist das Sommertraining?

Das Training ist sehr intensiv und verlangt uns alles ab. Während andere nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause gehen und die Füße hochlegen, legen wir erst richtig los. Wir ackern uns jeden Tag die Seele aus dem Leib, um fit für die neue Saison zu werden. Das wird von unserem neuen Trainer aber auch erwartet.

In welchen Bereichen siehst du das meiste Verbesserungspotenzial?

Als Spieler gibt es immer Verbesserungsmöglichkeiten. Ich möchte an meinem Antritt arbeiten und schnellstmöglich das Spielsystem verinnerlichen, damit der Coach weiß, dass er sich auch auf einen 17-jährigen Spieler verlassen kann. Wichtig wird auch sein, das Spiel ohne die Scheibe zu verbessern, um das Geschehen auf dem Eis noch besser lesen zu können.  

Erzähl uns noch etwas über dich. Was bist du privat für ein Mensch?

Ich bin ein Familienmensch. Meine Eltern sind extra aus Erfurt mit mir nach Viernheim gezogen, damit ich meiner Leidenschaft nachgehen kann. Ihnen gebührt der allergrößte Respekt. Ansonsten gestalte ich mein Leben mit den Menschen, die in meinem Umfeld sind und mir guttun. Auch meine Freunde aus der Heimat liegen mir sehr am Herzen, zu denen ich immer noch Kontakt habe. 

Wie sehen deine Zukunftspläne aus? Welche Ziele hast du dir gesetzt?

Ich habe mir vorgenommen, mir einen Stammplatz zu erkämpfen und in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle im Team zu übernehmen. Selbstverständlich habe ich aber auch den NHL-Draft 2019 im Visier. Deshalb werde ich weiterhin hart arbeiten, um meine Chancen zu wahren, dort gezogen zu werden. Schließlich träumt doch jeder junge Eishockeyspieler davon, einmal in der NHL spielen.